Sinfoniekonzerte

De Telegraaf, 05. Oktober 2001
Haenchens Mahler stark und authentisch

Der eindrucksvolle Mahlerzyklus, den der Dirigent Hartmut Haenchen mit seinen Niederländischen Philharmonikern in dieser Saison abschließt, lieferte diese Woche wieder eine großartige Interpretation im Amsterdamer Concertgebouw. Der Zyklus verläuft chronologisch und nach zwei Spielzeiten haben Haenchen und sein Orchester Mahler's Siebte Sinfonie erreicht. Das ist ein kompromissloses Werk, das im ersten Teil eine Kombination von Düsternis, Hoffnung und gnadenlos konfrontierendem Kontrapunkt aufweist, die selbst für Mahler's Oeuvre extrem ist. Alles ist heftig, vieles im ersten Teil, wenn der Dirigent aber alles im Griff hat sitzt es doch wie in aus einem Guß gegossen. Zwei nicht wirklich fröhliche Nachtmusiken und ein unheimliches Scherzo - Dienstagabend herrlich zuckend 'schattenhaft' aufgeführt - führen zu einem Finale worin sich alles in einem etwas zu strahlenden C-Dur aufhellt und auch den Weg von dunkel nach beinahe überbelichtet realisierte Haenchen fast so, als könne man annehmen Mahler selbst dirigiere.

(...) Die Kombination von Ungestümtheit, Kontrolle, Leidenschaft und Wehmut, darum geht es in dieser Musik. Haenchen hat schon früher innerhalb des Zyklusses bewiesen, dass er einen unglaublich starken und integeren Weg zu finden versteht in diesem Oeuvre. Er trägt nicht auf, weiß genau was er macht und vergißt nicht die Musik vollkommen für sich selbst sprechen zu lassen ohne sich als Dirigent dazwischen zu drängen - aber auch ohne Emotionen einzudämmen.

Haenchen und sein Orchester formen eine sehr starke - allmählich schon als maßgebend zu umschreibende - Kombination bei diesem Repertoire. Mit seinem Orchester tritt Haenchen in die Fußspuren einer Tradition, die direkt auf Mahler zurückzuführen ist mit Dirigenten, wie Bruno Walter, der es noch von Mahler selbst hören konnte und der sich mit diesem Erbe nicht so davon machte wie andere, weniger große Mahlerdirigenten nach ihm. In dieser Siebten Sinfonie leistete Haenchen solide Quellenarbeit, so wie in anderen Aufführungen von Mahler's Sinfonien, bis zu einer großartig aufbrausenden, nach Authentizität neigenden Interpretation. Die Tempi sind alle natürlich, alle schwierigen Übergänge laufen so, als könne man sich vorstellen, dass Mahler es so gemeint hat und die Fülle an Details wird immer in eine zwingende große Linie integriert. Der Orchesterklang ist klar, ohne harte Ränder, wo es nicht sein soll, und hält die Wärme, die zu der großen mitteleuropäischen Tradition gehört. Auch darin hat dieser Mahlerzyklus eine authentische Qualität.

Roeland Hazendonk