Politiken (DK), 25. Juni 2000
Mahler mit Weitsicht
Der monumentale 1. Satz der Sinfonie enthüllte Haenchen als einen Mahler-Dirigenten mit Weitsicht. Der Satz demonstrierte auch, daß er nicht der Typ ist, der die Zusammenbrüche, die als frustierende Kulminationspunkte in dieser modernistisch-spätromantischen Musik auftreten, betont. Grössere Tempowechsel und stärkere Kontraste als Haenchens haben wir schon gehört. Trotzdem wirkt seine Interpretation erlösend.
In dem Nietzsche-Satz war Haenchen in seinem Element. Und noch mehr im letzten Satz: Haenchen dirigierte ohne Stab und bildete mit sanften Händen einen duftenden Liebesakt mit einer Kulmination voller Leidenschaft.
Das große Orchester spielte großartig unter Haenchen: mehr als anderthalb Stunden sinfonische Entfaltungen, über 6 Sätze verteilt, sind viel anzuhören, aber mit Haenchen in Tivoli war es die Anstrengungen wert.
Thomas Michelsen