Sinfoniekonzerte

Süddeutsche Zeitung, 30. Juli 2017
....aber die tolle Musik tröstet den Zuschauer...
... "Das funktioniert besonders im ersten Aufzug, denn dort trägt Georg Zeppenfeld großartig als Gurnemanz die Handlung. Der ist in dieser Vorstellung Haenchens Bruder im Geiste: Klar verständlich singt er, ganz verschmolzen mit dem Orchester und immer ein wenig dozierend und predigend, was die Rolle auch hergibt und belebt."...
..."Denn wie das so ist mit der Blockbuster-Ästhetik, wird kein Klischee ausgelassen, um die erzähltechnisch gewollte Eindeutigkeit zu erreichen. Völlig unbeeindruckt wirkt im Vergleich zur Inszenierung der Dirigent Hartmut Haenchen. Der sprang im vergangenen Jahr kurzfristig für Andris Nelsons ein und legt auch in diesem Jahr eine Gelassenheit an den Tag, die dieser Musik ausgesprochen guttut. Wagners letzte Opernpartitur, die keine Oper, sondern ein Weihspiel sein soll, ist löchrig, suggestiv, mystisch und doch voll kühner harmonischer Einfälle. Aber Haenchen beginnt schon die ersten aufsteigenden Bläsertöne des Vorspiels im Tempo metronomartig und geradlinig. Er will hier nichts vernebeln und das Orchester nicht zur weihrauchspuckenden Überwältigungsmaschine machen, sondern die Musik klar und aus sich selbst heraus ihre Wirkung tun lassen." ...
..."In guten Momenten funktioniert diese Überinszenierung auf ähnlich überspitzte Art wie etwa die hypersymbolische Ästhetik der Band Laibach. In den schlechteren wirkt es eher wie eine bedeutungstrunkene Altherrenfantasie. Doch dann bleibt immer noch die toll gespielte Musik.
Rita Argauer
Ganze Rezension
Süddeutsche Zeitung, 27. Juli 2016
„Haenchen dirigiert nüchtern, aber nie steif oder unsensibel. Er liefert einen zügig flutenden Musikzauber, in traumhaften Pastellklangfarben gehalten. Und das Festspielorchester erfüllt ihm jeden nur denkbaren Wunsch. So gelingen die Außenakte auf Weltniveau"
Reinhard J. Brembeck
Süddeutsche Zeitung, 26. Juli 2016
"Und obwohl er nur wenige Probentage hatte, überzeugte auch Dirigent Hartmut Haenchen, der das Orchester straff und zügig durch das eher langsame Bühnenweihfestspiel führte. Von wegen Lückenbüßer."
Heinrich Maria Löbbers
Ganze Rezension
Süddeutsche Zeitung, 26. Juli 2016
"Vor allem musikalisch ist sie packend"
..."Gott sei Dank gibt es Dirigent Hartmut Haenchen, der erst vor wenigen Wochen für Andris Nelsons eingesprungen ist und jetzt straff und ohne je die Musik zu vernebeln auf Tempo und Klarheit setzt."...
..."Haenchen formuliert ständig Zweifel an der religiösen Grundierung des 'Parsifal'. Sie ist ihm allenfalls Ausgangspunkt für eine Ästhetik, die eine bis dato völlig neue Klangwelt ermöglicht. So haftet bei Haenchen den vielen Chorälen, Jubelgesängen und Ritualmärschen nie der Ruch von säkularisiertem Gottesdienst an. Die emotionale Entschlackung mag so mancher Zuhörer bedauern, sie macht aber auf hinreißende Weise nachvollziehbar, wie sehr Wagner den 'Parsifal' als ein intellektuelles Klangabenteuer konzipiert hat." ...
Stürmischer Applaus für Dirigent und Sänger
Am besten profitiert von diesem nüchternen Dirigat der grandiose Georg Zeppenfeld als Faktotum des Klosters. Er und sein Dirigent werden zuletzt genauso stürmisch und lautstark gefeiert wie Klaus Florian Vogt in der Titelrolle und Elena Pankratova als die große Verführerin Kundry.
Reinhard J. Brembeck
Ganze Rezension
Süddeutsche Zeitung, 06. Juli 2016
Der Erlöser
Hartmut Haenchen dirigiert "Parsifal" in Bayreuth
Nur wenige Tage nachdem Dirigent Andris Nelsons erklärt hatte, bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen nicht die Neuinszenierung des ,,Parsifal" zu leiten, präsentiert das Festival einen Nachfolger. Der heißt Hartmut Haenchen und ist Insidern und vor allem in Amsterdam, wo er über zehn Jahre lang die dortige Oper aJs Musikchef leitete, durchaus vertraut, er wird dort geliebt. In Deutschland allerdings ist er noch immer fast ein Geheimtipp, was sogar für seine vom Publikum wie von den Kritikern ausnehmend geschätzten Wagner-Darbietungen und insbesondere den ,,Parsifal" gilt.
Vor fünf Jahren hat der 1943 in Dresden geborene, dort im Kreuzchor ausgebildete und auch residierende Hartmut Haenchen den ,,Parsifal" an Brüssels Opernhaus La Monnaie geleitet, der Theaterverweigerer Romeo Castellucci führte Regie. Spektakulärerweise spielte der ganze erste Akt in einem Urwald, selten nur bekam man die Sänger zu Gesicht, meist wies nur ein Rascheln im Laub auf sie hin. Für Haenchen spricht, dass er sich auf dieses Experiment eingelassen hat, sich aber vor allem mit seinem Dirigat gegen diese Bilderwaldflut behaupten konnte. Wie schon drei Jahre früher in Paris bot Haenchen einen extrem zügigen ,,Parsifal". Was zwar der dieses Stück esoterisch verschleppenden Aufführungspraxis widerspricht, sich aber voll und ganz äuf Richard Wagners Willen stützen
kann. Denn der wollte hier Fluss und Tempo, aber nicht Stagnation und Gewaber.
Damit ist Haenchen das genaue Gegenteil von Daniel Barenboim, dem derzeit suggestivsten,,Parsifal" -Dirigenten überhaupt. Haenchens Lesart ähnelt eher derjenigen des Anfang des Jahres gestorbenen Komponisten-Dirigenten Pierre Boulez, der den ,,Parsifal" zu Beginn und am Ende seiner Bayreuth-Karriere auf dem Grünen Hügel ähnlich zügig und ideologisch entschlackt dirigierte wie Haenchen. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten.
Denn der Komponist Boulez war vor allem am komponistischen Raffinement Wagners interessiert. den er als Gründervater der (französischen) Avantgarde ververdrängt worden. Kein Zufall, dass sich gerade Dirigenten wie Rattle, Thielemann, Nelsons und Petrenko gegen dieses Berufsbild und die Anforderüngen der glitzernd schnelllebigen Eventkultur stellen.
Von daher liegt also der Kapellmeister Haenchen völlig im Trend der Zeit. Dass er jetzt ausgerechnet mit dem ,,Parsifal" sein spätes Debüt in Bayreuth geben kann, ist zudem eine Art historischer Gerechtigkeit. In seiner Presseerklärung zu seinem Bayreuth-Engagement listet Haenchen einfach nur auf, wo und wann er den ,,Parsifal" schon dirigiert hat. Aber diese Liste ist weit mehr als eine Liste, sie ist ein Doku- ment der deutschen Nachkriegsgeschichte:,,In der DDR war "Parsifal" verboten. Herbert Kegel brach dieses ,Verbot' mit einer konzertanten Aufführung. Ich war der zweite Dirigent, der eine szenische Aufführung als Chefdirigent der Mecklenburgischen Staatskapelle durchsetzen wollte. Die szenische Aufführung wurde verboten, es wurden konzertante Aufführungen. Dann inszenierte Harry Kupfer ,Parsifal' an der Berliner Staatsoper. Ich dirigierte dort zwei Vorstellungen (ausverkauft an Stasileute, damit das normale Publikum nicht hineinkonnte)." Indem Bayreuth, dessen politische Rolle im Dritten Reich geradezu niederträchtig war, jetzt Hartmut Haenchen verpflichtet, wird auch noch einmal an die wenig rühmliche und oft verdrängte DDR-Geschichte erinnert.
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Aus musikalischer und historischer Sicht kann man die Berufung Haenchens also als einen idealen Glücksfall für die in den letzten Jahren immer wieder arg gebeutelte Bayreuther Festspielleitung be- trachten. Es gehört wohl zu den Ausnahmen, dass eine Produktion wie jetzt der ,,Parsifal" erst den Regisseur schasst (ursprünglich war der gern durch Provokationen auffallende Künstler Jonathan Meese vorgesehen) und dann noch den Dirigenten vergrault. Das ist schon verdammt viel Pech, sodass es zunehmend Stimmen gibt, die an den Führungsqualitäten von Festspielchefin Katharina Wagner zweifeln.
Zumal solche Skandälchen in den letzten Jahren Konjunktur haben. Dazu gehörte im Vorjahr der würdelos inszenierte Abgang von Co-Intendantin Eva Wagner genauso wie die kurzfristige Umbesetzung der Isolde oder davor die zunehmend verzweifelte Suche nach einem möglichst spektakelmächtigen Regisseur für die letzten beiden ,,Ring"-Produktionen. Aber das passt bestens zu Wagner und Bayreuth, für beide war der Skandal immer mindestens genauso wichtig wie die Kunst. Hartmut Haenchen ist endlich einmal ein Künstler, der nur in der Kunst lebt. Und schon das ist im Bayreuther Sumpf eine Wohltat.
REINHARD J. BREMBECK
Süddeutsche Zeitung, 29. Januar 2011
Traummusik mit Schäferhund

Oper in Brüssel: Wie der Bildertheatermagier Romeo Castellucci Richard Wagners "Parsifal" als radikale Lebenssinnsuche deutet und Dirigent Hartmut Haenchen nie undeutlich wabert
Keine Lanze, kein Gral, kein psychochristliches Mysterium

... Das funktioniert, solange die Musiker Übergroßes leisten. Dafür ist in Brüssel Dirigent Hartmut Haenchen zuständig. In Deutschland nie so richtig beachtet, war er jahrelang Chef der Amsterdamer Oper und reifte dort zu einem der großen Meister. Sein "Parsifal" ist mit drei Stunden vierzig Minuten sehr schnell, wirkt aber nie gehetzt. Sondern klar konturiert, nie sentimental, nie wabernd undeutlich. Die beiden von menschlichen Leidenschaften unberührten Außenakte gelingen Haenchen wie Artefakte des Göttlichen. Klar der Fluss, delikat die Klangfarbenabstufung, wunderbar die Einbettung der dunklen strahlenden Blechbläser in einen irisierenden Streicherklang, der so gar nichts Jenseitiges hat, sondern ein real mögliches Paradies auf Erden beschreibt....
Reinhard J. Brembeck
Süddeutsche Zeitung, 26. März 2008
Süddeutsche Zeitung, 8.3.2008

.... Haenchen, der eine fein abgestimmte, zügig weiche und verhalten farbige Lesart bietet.
R.J.Brembeck
Süddeutsche Zeitung, 30. Januar 1992
Hartmut Haenchen, musikalischer Direktor an der Niederländischen Oper. Leise, ja zaghaft ist sein Anfang, man bleibt steigerungsfähig für die Erruptionen des zweiten Finales und des dritten Aktes. Haenchen pflegt einen sachlichen Musizierstil, Transparenz ist ihm wichtiger als die schwelgerische Klangorgie. Das aufmerksame Publikum verstand und dankte mit stehenden Ovationen.