Meine Gedanken gehen fast 30 Jahre zurück. In der Zeit des Umbruchs bei der Niederländischen Oper wurde 1987 ein neuer Chordirektor gesucht, der 1988 sein Amt antreten sollte. Es war das Ende der Zeit von Intendant Jan van Vlijmen und es galt für den damaligen "muzikaal directeur" diese Position mit Blick auf die Zukunft zu besetzen. Der "muzikaal directeur" wollte den Chor der Niederländischen Oper wesentlich vergrößern, was dann auch in Zusammenarbeit mit dem neuen Chordirektor gelang. Es gelang auch, konsequent mehr niederländische Sänger an den Chor zu binden. Das war unsere gemeinsame Strategie. In den zahllosen Vorsingen für Haus- und Extrachor war unsere absolute künstlerische Übereinstimmung das Fundament für den Ausbau des Chores. Auch ein neuer Chorsaal musste geschaffen werden, denn der war beim Neubau der Oper stiefmütterlich behandelt worden.
Unter den zahlreichen Probedirigaten war schnell die Wahl gemeinsam mit dem Chor der Niederländischen Oper auf Winfried Maczewski gefallen. Aus Hamburg kommend, wo er auch dirigentische Aufgaben hatte und woher ich ihn kannte, fiel er durch seine imaginäre Klangvorstellung auf. Diese konnte er schwer in Worte fassen, aber es gelang ihm, dies dem Chor mit seiner Persönlichkeit zu vermitteln. Das war der entscheidende Punkt für unsere Entscheidung. Überdies zeigte er sich als ein Partner, der sehr an neuen Wegen interessiert war. Das brauchten wir am neuen Opernhaus. Sehr schnell entwickelte sich eine Partnerschaft, bei der auch schwierige Situationen überwunden wurden, denn nicht alle neuen Wege stießen beim Chor auf Gegenliebe. Es kam selbst zu juristischen Auseinandersetzungen, die aber alle positive gelöst werden konnten.
40 gemeinsame Premieren allein an der Niederländischen Oper zeugen von einer äußerst intensiven und guten Zusammenarbeit, die Winfried auch glücklicherweise in Roland de Beers Buch „Man en Mythe“ von seiner Seite noch beschrieben hat. Dazu kommen noch zahlreiche Konzerte von Verdis „Requiem“ bis Schostakowitschs „Stepan Rasin“. Wie selbstverständlich haben wir unsere Zusammenarbeit, nachdem wir beide die Niederländische Oper verlassen haben an großen Häusern Europas fortgesetzt. Noch vor gut vier Wochen sprachen wir gemeinsam in Amsterdam über Kunst und Gesellschaft, denn er war immer auch ein Mann, der die Gesellschaft verändern wollte. Kunst war ein Teil davon.
Ich habe einen langjährigen Weggefährten verloren. Mir bleibt nur zu sagen: Danke Winfried.
Hartmut Haenchen
Bei der gemeinsamen Arbeit am Parsifal in Paris
Dass sein Interesse weit über die Chorleitung hinausging zeigt auch ein Film, dessen musikalisches Konzept er erarbeitete: