Texte

Editorial zur Zeitungsbeilage der Sächsischen Zeitung zu den Dresdner Musikfestspielen

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Gäste der Dresdner Musikfestspiele 2006!

Die Frauenkirche zu Dresden ist als Zeichen der Versöhnung wiedererstanden.
Im ökumenischen Festgottesdienst zur Eröffnung der Feierlichkeiten zum 800-jährigen Bestehen der Stadt sprach Bischof Reinelt auch vom früheren „Zank“ zwischen den christlichen Religionen und vom besonderen Dresdner Weg des gewachsenen Miteinanders unterschiedlicher Glaubensrichtungen. Dieser Gottesdienst, in dem der Oberbürgermeister Ingolf Roßberg die Lesung aus der Bibel sprach, bestätigte mich darin, dass die Wahl des Themas „Glauben“ zunächst für das Festjahr Dresdens schon eine richtige Wahl ist. Schließlich ist Dresden auf Grund der Christianisierung einer viel älteren slawischen Siedlung entstanden und der damalige geistliche Herr über Dresden, Bischof Benno, sprach sorbisch, um sich hier überhaupt verständlich machen zu können. Ohne dieses „Aufeinanderzugehen“ geht es also nicht. Wenn man über Dresden hinausschaut, so ist das Thema „Glauben“ hoch aktuell und weitgreifend in einer Welt, die im Zuge der Globalisierung immer kleiner wird. Schulen wollen sich selbst auflösen, weil muslimische Kultur und christliche Tradition aufeinander prallen, Kriege wurden und werden in der Welt noch immer für Glaubensrichtungen geführt, obwohl keine Glaubensrichtung im Grunde seiner Lehre das Töten zugesteht. Die religiöse Musik hat, in welchem Glauben auch immer, versucht, Frieden zu stiften, Toleranz zu fördern, Verständnis zu erwecken und wenn nötig auch kritisch zu hinterfragen.
Die diesjährigen Musikfestspiele sind gekennzeichnet durch neue Impulse in den genannten Richtungen und wollen Gemeinsamkeiten als Möglichkeit eines friedlichen Miteinanders aufdecken. Und wenn Volker Braun in seiner Festrede zum Stadtjubiläum uns deutlich vor Augen führt, dass im Jahr 2003 US-amerikanische Bomber mit dem Ziel Bagdad über Dresden flogen, dann müssen wir auch daran denken, dass noch heute Christen die Stätten andersgläubiger Menschen bombardieren. Derartige Tatsachen sollten auch zum Überdenken vieler Denk- und Handlungsschemen führen. Musik kann dazu viel beitragen und das wollen die diesjährigen Musikfestspiele.

Ich lade Sie ein, den künstlerischen Strömungen zu lauschen, die ihre Impulse zu unterschiedlichsten Zeiten in den einzelnen Glaubensbekenntnissen fanden. Wir wollen Ihnen im Zeichen von „Verständnis, Toleranz und Kritik“ spannende Erlebnisse bieten, die unter dem Thema „Glauben“ eines gemeinsam haben: Es ist stets Ausdruck für etwas und sollte nie im Gegeneinander missbraucht werden.
Auf den folgenden Seiten – und dafür danke ich sowohl unserem Medienpartner als auch den Sponsoren, die diese Sonderveröffentlichung wieder ermöglichen – sollen Sie über die vielfältigen Angebote der diesjährigen Dresdner Musikfestspiele informiert werden. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam dieses Programm zu erleben.

Ihr Prof. Hartmut Haenchen
Intendant der Dresdner Musikfestspiele

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