Der Preisträger des Mortier Awards 2025 steht fest: Die Ruhrtriennale gratuliert herzlich dem Dirigenten Hartmut Haenchen zum Mortier Award (Lifetime Achievement Award) Der Preis wird am 21. September 2025 um 13 Uhr in der Jahrhunderthalle Bochum in Anwesenheit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Ina Brandes, geehrt. Anschließend gibt es ein Podiumsgespräch mit dem Künstler in der Reihe Brave New Voices zum Thema Kunstfreiheit.
Der Mortier Award (Lifetime Achievement Award) wird an herausragende Persönlichkeiten des internationalen Kulturlebens als Auszeichnung für ein Lebenswerk im Sinne der Haltung und der Ideen von Gerard Mortier verliehen.
Jurybegründung
Pioniere werden selten zu ihrer Zeit erkannt, geschweige denn angemessen gewürdigt. Der Dirigent Hartmut Haenchen liefert hier die Probe aufs Exempel. Ein passionierter Grenzgänger, der scheinbar Vertrautes von den Rändern her aufrollt, der Überliefertes schon kundig-forsch gegen den Strich bürstete, als weit Bekanntere noch pathetisch-wohlige Tonschwelgereien zelebrierten. Umfassend vertraut mit den Besonderheiten diverser musikalischer Epochen, machte er sich stets einen eigenen Reim auf das in Partituren Notierte. Von Barockmusik bis zur Moderne spannt sich seine exegetische Expertise. Die Frühklassik, namentlich das Werk Carl Philipp Emmanuel Bachs, hat uns Hartmut Haenchen mit historisch informiertem Scharfsinn gleichsam neu erschlossen. Seine quellenkritisch fundierten, praktisch erprobten Erkenntnisse zu Richard Wagners Musiktheater brachen mit der schwerblütigen Opulenz tradierter Klangbilder. Es war dieses unbedingte, gegen die Macht der Gewohnheit gerichtete Pochen auf künstlerische Qualität und Wahrhaftigkeit, die nicht zuletzt Gerard Mortier auf den gebürtigen Dresdner aufmerksam machte – einen Wahlverwandten, dem er in Paris und Madrid bedeutende Produktionen anvertraute. Ein offener, unbequemer, an den Bruchlinien zwischen Ost und West, Geschichte und Gegenwart, Imagination und Intellekt gereifter Geist, der unbeirrt an die verändernde Kraft der Künste glaubt.
Für die Jury: Albrecht Thiemann
Nach einer Vorstellung von Mozarts Idomeneo 2004 an der Nationaloper in Amsterdam kam Gerard Mortier zu mir ins Dirigentenzimmer und sagte: „Es ist so schade, dass ich Sie erst jetzt kennenlerne“. Dann ging alles sehr schnell: fünf Produktionen in Paris und zwei Produktionen in Madrid.
Ich habe in meinem Leben wenige Intendanten kennengelernt, die sich als aktives Mitglied des Produktionsteams verstanden. Und in ihm einen streitbaren, immer vorwärts denkenden, kritisch hinterfragenden, Routine hassenden Menschen gefunden, der darüberhinaus ein ganz und gar selbstlos helfender Direktor war. Mit ihm konnte man herrlich streiten, aber immer mit dem Ziel, etwas Besonderes, etwas in die Zukunft Weisendes zu schaffen.
Dass ich in Madrid das Gedenkkonzert für ihn dirigieren durfte, war mir eine besondere Ehre. Und nun wird mir die Ehre zuteil, den Mortier Award zu empfangen. Ich nehme die Ehrung in tiefer Dankbarkeit an und sehe sie als Verpflichtung, die Dinge auch weiterhin in seinem Sinne zu hinterfragen und streitbar zu bleiben.
Prof. Dr. Hartmut Haenchen
Der Sisyphos von Alexander Polzin wird an Hartmut Haenchen überreicht.