Kammerorchester

Der Tagesspiegel, 22. Januar 2013
Nonchalant: Hartmut Haenchen und das Kammerorchester C.P.E. Bach

Es ist ein angekündigter Abschied. Im Mai 2014 werden Hartmut Haenchen und sein Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach nach 30 Jahren ihre Konzerttätigkeit beenden. Am Sonntag ist zu erleben, dass Haenchens Ensemble, aufgemischt durch die zum Teil aus reinem Idealismus spielenden Musiker aus Berliner Spitzenorchestern, nichts von seinem Esprit verloren hat. Mit welcher Grandezza es die 33. Sinfonie Mozarts in ein Spektrum schillernder Farben taucht, zeugt vom Gleichgewicht aus Musizierfreude und ernstlichem Interesse, das der manchmal groben Nachlässigkeit großer Orchester wohltuend entgegenwirkt.

Dafür findet Geiger Serge Zimmermann in Mozarts 4. Violinkonzert diese Leichtigkeit in der Einfachheit nicht. Die technischen Mängel mögen tagesformabhängig sein, das Kratzen unter der Oberfläche muss der erst 21-jährige Solist erst noch entdecken.

Hartmut Haenchen aber, der zurzeit in Holland eine Wagneroper nach der anderen dirigiert, dreht mit seiner Nonchalance jedem skeptischen Puristen eine Nase: Die Spielweise seines Orchesters überzeugt trotz Vibrato und seltsamer Akzentuierung gerade beim unterschätzten Bach-Sohn und Namenspatron. Haenchen spürt Widersprüche auf und führt sie vor, ohne die Galanterie bogenreicher Phrasierung zu durchbrechen. So bleibt sich das Kammerorchester C.P.E. Bach auch in einer Zeit ständiger Neuerfindung der Alten Musik treu, und das ist etwas sehr Wertvolles. Christian Schmidt