Sinfoniekonzerte

NRC Handelsblad, 01. Juni 2002
Eine komplette CD-Box mit den Aufnahmen des aufsehenerregenden Mahler-Zyklus von Hartmut Haenchen und der Niederländischen Philharmonie ist noch nicht in Sicht. Die Musiker verlangen die übliche extra Bezahlung für die bereits während der Konzerte geleisteten Dienste. Und das verhindert in dem gegenwärtig sehr schwierigen Markt die Herausgabe von Haenchens einzigartiger Vision von Mahler.

Aber ein kleines Stück davon ist doch auf einer Aufnahme der Fünften Sinfonie zuhören, welche im März 2001 im Amsterdamer Concertgebouw gespielt wurde. Das Label Penta-Tone machte davon eine Aufnahme um mit dem neuen Super Audio-System zu experimentieren, einem "Mehrkanal-System" mit "surround" Klang welcher sich nur auf einer entsprechenden Apparatur hören läßt, jedoch auch auf gewöhnlichen Stereo-Anlagen abspielbar ist.

Haenchen produziert eine ungewöhnlich kräftige, scharfe und heftige Fünfte, an vielen Stellen niederschmetternd erhaben, unter anderem durch einen von Haenchen gebrauchten Effekt, wobei während eines crescendo auch noch ein ritardando ausgeführt wird. Haenchen schildert das pure Chaos auf dem Schlachtfeld von Mahlers streitenden Gefühlen, Hoffnungslosigkeit und Ratlosigkeit, Beruhigung in wortlosen, nicht geklagtem Schmerz, schwerzhafter Leidenschaft, weit als Echo zurückkommendes "Donnern des Wütens der ganzen Welt". Bei Haenchen klingt das Adagietto wie eine durch die Sonne beleuchtete weiße Wolke, während düstere Luft ins Bild kommt, ein suggestiv dargestelltes Vorgefühl von nahendem Unheil.

Kasper Jansen
NRC Handelsblad, 26. März 2001
Haenchen zeigt in seinem Zyklus mit dem 'offiziellen' Mahler den Komponisten und Dirigenten in einem einzigartigen und höchst persönlichem Licht.

Haenchen betont das Emotionale und das Autobiographische in Mahler's Musik. Das zeigt sich am auffallendsten in den langen Höhepunkten, wo das Melodische aufhört und eine scheinbar unstrukturierte Menge von Noten klingt.

Daraus resultiert eine ungewöhnlich kräftige, heftige und auffahrende Fünfte, an vielen Stellen von dem von Haenchen genutzten Effekt gesteigert während eines Crescendo auch noch ein Ritardando einzusetzen. Streicherpassagen werden stark von Bläsern gefärbt, die Gegensätze zwischen fast unhörbaren Pizzicati und überwältigenden Tuttis sind maximal.

Haenchen begreift das mit vielen Hörgewohnheiten beladene Adagietto als eine Liebeserklärung an Mahler's Gattin Alma. Haenchen spielt das Adagietto deswegen wie eine von der Sonne aufgehellten Wolke, während ein dunklerer Himmel aufzieht.

Kasper Jansen