DIE NEUORIENTIERUNG DER DRESDNER MUSIKFESTSPIELE
Die Dresdner Musikfestspiele sind das bedeutendste und größte Musikfestival im Osten Deutschland. Ihre Gründung im Jahr 1978 verdanken die Musikfestspiele der kulturellen Öffnung, die in den 70er Jahren in der ehemaligen DDR begann. Seitdem fanden die Dresdner Musikfestspiele eine starke Resonanz innerhalb der internationalen Musikwelt. Heute nehmen sie international und bundesweit einen hohen Stellenwert ein. Gegenwärtig kommen rund 40 Prozent der Besucher von außerhalb Sachsens.
Eine besondere Qualität dieser Festspiele ist ihre traditionell und künstlerisch gewachsene Funktion als einzigartige kulturelle Drehscheibe Europas - vom Zeitalter des Barocks über die Aufklärung und Romantik zur Moderne, zuletzt auch im Zeichen der deutschen Wiedervereinigung. Dieses außergewöhnliche Erscheinungsbild der Stadt und ihrer Musikfestspiele gilt es durch unverwechselbare Programme und Themenschwerpunkte in jedem Jahr neu zu untermauern. Einzigartige Klangkörper, Ensembles und international renommierte Künstlerinnen und Künstler sowie rege Aktivitäten in Theatern, Konzerten, Kirchen, Chören und Vereinen kennzeichnen das vielseitige kulturelle Leben in dieser Stadt. Die Musikfestspiele sind dabei ein außergewöhnlicher Kristallisations- und Fixpunkt.
Jährlich werden zu den Musikfestspielen 90 bis 110 Veranstaltungen durchgeführt, die beispielsweise im Jahr 2001 von 110.000 Hörern besucht wurden. Am Programm beteiligen sich gleichermaßen Dresdner Musikinstitutionen und national wie international bedeutende Künstler und Ensembles, eine einzigartige Kombination, die ich in Zukunft durch gezielte Planung noch steigern will. Das Programm ist konzentriert auf die Genres Oper, Orchester-, Kammer- und Kirchenkonzerte. Die Dresdner Musikfestspiele sind eine Einrichtung der Stadt Dresden, die auch ca. 50% der Finanzierung der Festspiele übernimmt. Ca. 25% kommen zudem aus Geldern der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Sachsen und aus Sponsor-Beiträgen sowie 25% aus den Eintrittskarten-Einnahmen.
BEWEGGRÜNDE UND PERSÖNLICHE ZIELSETZUNGEN
Ich übernehme die Leitung der Festspiele im Sommer 2002. Die ersten von mir verantworteten und gestalteten Festspiele werden vom 29. Mai 2003- 15. Juni 2003 stattfinden. (Die weiteren Daten sind: 20. 5. 2004 - 6. 6. 2004; 12. 5. - 29. 5. 2005, 25. 5. 2006 -11. 6. 2006, 17. 5. 2007 - 3. 6. 2007, 8. 5. 2008 - 25. 5. 2008) Mit meiner neuen Aufgabe und Funktion kehre ich in meine Geburtsstadt zurück, in der ich Mitglied des Dresdner Kreuzchores gewesen bin, in er ich studierte und später Dirigent der Dresdner Philharmonie und des Philharmonischen Chores wurde sowie mehrere Jahre Gastdirigent der Sächsischen Staatsoper und der Sächsischen Staatskapelle war, wobei ich in dieser Funktion auch eine der Eröffnungspremieren der Semperoper leitete. Außerdem wirkte ich acht Jahre als Dirigierlehrer und Professor an der Dresdner Hochschule für Musik Carl Maria von Weber.
Ich will dieser Stadt und ihren Menschen die Prägung, Ideenfülle und Vielseitigkeit, die sie mir einst geschenkt haben, durch meine neue Tätigkeit zurückgeben - und zwar als aktiver wie als planender Künstler, als Gastgeber und Moderator unterschiedlicher Ideen und Konzepte, vor allem aber als Initiator eines aufregenden und anregenden Dialoges zwischen "innen" und "außen" - zwischen dem, was diese Stadt an unverwechselbarem Charisma ausstrahlt und dem, was sie an neuen Impulsen und Gedanken in der Zukunft aufnehmen muß, um ihrem Charakter einer "europäischen Drehscheibe" gerecht zu werden. Bereichert mit langjährigen internationalen Erfahrungen sehe ich in meiner Funktion des Intendanten die großartige Möglichkeit, die Tradition dieser Stadt und ihrer Festspiele mit neuen Ideen und Initiativen zu bereichern. Dazu gehört für mich vor allem die Herausforderung, die langjährigen Freunde und Gönner dieser Festspiele ebenso zu begeistern wie neue Anhänger für diese einzigartige Synthese von Zeit, Raum und Idee zu gewinnen. Ich will besonders junge Menschen an die Dresdner Festspielgedanken heranführen, mit einem Angebot, das deutlich macht, wie eng verflochten die Beziehungen zwischen unterschiedlichen Gattungen und Stilen sein können, gleichgültig, ob in der Musik, der bildenden und darstellenden Kunst oder in der Literatur. Ich glaube, daß Grenzüberschreitungen, neue Kommunikationsformen und die Vernetzung unterschiedlicher Inhalte, Formen und Strukturen zu den unverzichtbaren Bestandteilen eines kreativen Festspielangebotes gehören müssen, auch um unmißverständlich deutlich zu machen, worin sich Festspiele von anderen Kulturangeboten klar unterscheiden.
Zweck, Sinn und Ziel des faszinierenden Ereignisses "Musikfestspiele" erschöpfen sich für mich nicht in der Einladung zu einem außergewöhnlichen Fest, sondern gipfeln in der Aufforderung an die Dresdner und ihre Gäste, im Rahmen der Musikfestspiele Bekanntes und Neues, Vertrautes und Ungewohntes, Nahes und Fernes aus neuen Blickwinkeln und unter ungewöhnlichen Gesichtspunkten zu entdecken. Musik war und ist für mich stets eine universelle Sprache, die starre Grenzen von Zeit und Raum aufzuheben vermag. Daher ist für mich der Gedanke wesentlich, daß Dresden während der Festspielzeit für seine und mit seinen Gästen "singt und musiziert". Strömungen, die in die Stadt fließen, sollen auf vorhandene Gegebenheiten stoßen, damit beides zu Veränderungen und neuen Perspektiven führt. Diese Wechselwirkung zwischen "innen" und "außen" wird für mich in den nächsten Jahren Dreh- und Angelpunkt des Dresdner Festspielgedankens sein.
UNVERWECHSELBARE PROGRAMMATIK, DRAMATURGIE UND ÄSTHETIK
THEMEN & REIHEN - REIHEN & THEMEN
EIN NETZWERK AUS IDEEN, ASPEKTEN UND VERANSTALTUNGSREIHEN
Um einen breit gefächerten Dialog zu entfachen und um die Wechselwirkung zwischen "innen" und "außen", zwischen Menschen, die in Dresden leben, und Menschen, die nach Dresden kommen, intensiv anzuregen, werde ich bei den Musikfestspielen in jedem Jahr eine Anzahl von Themen und Reihen anbieten, die Kontinuität ebenso gewährleisten wie Neues garantieren. Neben einem zentralen Hauptthema, das jeweils im Zentrum eines Jahresprogramms stehen wird und sich in einem großen Teil der Musikfestspiel - Veranstaltungen wiederfindet, werden über Jahre hinweg mehrere Veranstaltungsreihen das Grundgerüst und das unverwechselbare Erscheinungsbild der Dresdner Musikfestspiele bilden. Thema und Reihe stellen in diesem Zusammenhang - wie in einem musikalischen Organismus - das unverzichtbare Fadenkreuz des Dresdner Festspielgedankens dar. Es handelt sich um Reihen und Themen, wie sie in dieser Form nur in Dresden und bei den Dresdner Musikfestspielen zu erleben sein werden.
Das zentrale Thema im Festspieljahr 2003 wird Wagner & Wolf lauten, eine Spurensuche im Leben und Werk von zwei bedeutenden deutschen Komponisten, die Verwandtes wie Unterschiedliches offenbaren – besonders, was das Verhältnis dieser beiden Künstler zu und ihre Wirkung auf Dresden und seine Kultur angeht. Ein Vorkonzert wird in jedem Jahr Festspielbesucher auf besondere Akzente des Programms neugierig machen, am 1. September 2002 beispielsweise die "Achte Sinfonie" von Gustav Mahler in Verbindung zum "Faust"-Stoff und zum Werk Richard Wagners. In den folgenden Jahren werden die zentralen Themen der Musikfestspiele um Märchen, Sagen und Mythen (2004), um Lust am Fremden (2005) und um Glauben kreisen (2006 zum Wiederaufbau der Frauenkirche, zu dem wird da des 800-jährigen Jubiläums der Stadt gedacht, die auf eine slawische Siedlung zurückgeht, bevor sie christianisiert wurde).
Im Mittelpunkt einer weiteren regelmäßigen zentralen Veranstaltungsreihe werden Dresden & Europa und dabei europäische Hauptstädte stehen. Im Jahr 2003 wird dies Amsterdam sein, 2004 Paris, 2005 eventuell Madrid oder Lissabon, 2006 möglicherweise Rom, Istanbul und außerhalb Europas passend zum Thema Jerusalem oder andere. Dresden soll für zwei Wochen zur Drehscheibe europäischer Begegnungen und zum Forum eines anregenden Dialoges zwischen Partnern werden. Das Thema "Glauben" 2006 soll Anlaß für ein europäisches Knabenchortreffen innerhalb der Musikfestspiele sein.
Unter dem Titel Carte Blanche wird in jedem Festspieljahr zwei renommierten Künstlern – jeweils einem aus Dresden stammenden und einem nach Dresden kommenden Künstler – die
Möglichkeit geboten, als Botschafter der Musikfestspiele eigene Programmschwerpunkte zu setzen. Im Jahr 2003 werden Gidon Kremer und Peter Schreier diese Künstler mit einer besonderen Visitenkarte sein. Im Jahr 2004 werden es Murray Perahia und Kurt Masur, 2005 Simon Rattle und Peter Rösel sein und 2006 Anne-Sophie Mutter und Roderich Kreile mit dem Dresdner Kreuzchor
Drei weitere regelmäßige Reihen rücken die Stadt Dresden selbst in den Mittelpunkt der Betrachtung, einmal aus geographischer, das andere Mal aus historischer Sicht und zuletzt vor allem aus künstlerischer Perspektive. In der Reihe Dresden singt & musiziert, die die Basis in einer langjährigen erfolgreichen Tradition hat, präsentieren vornehmlich Dresdner aus unterschiedlichen Blickwinkeln ihre Stadt, deren unvergleichliche Plätze und die damit verbundenen vielfältigen künstlerischen Aktivitäten. Die Reihe ist als Erkundungsreise durch die Stadt angelegt, eine Landkarte, die zur künstlerischen Visitenkarte der Dresdner werden soll. In jedem Jahr wird es als Prolog eine Ouvertüre im Grünen geben, danach ein Mitsingoratorium, einen Kunst - Markt auf dem Theaterplatz, einen Kindertag, den Meißner Musik Marathon, ein Stadtteilfest (Straßenfest) und ein großes Abschlußkonzert mit dem Titel "Dresden singt und musiziert". Erneut wird dabei ein großer Teil in Dresden lebender Menschen aktiv mitwirken und zusammen mit den Festspielkünstlern musizieren.
Nicht allein die für die künstlerische Entwicklung Dresdens so wichtige höfische oder barocke Musik bildet den Grundstock einer alljährlichen Veranstaltungsreihe mit dem Thema Musik & Geschichte. Die in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek liegenden Schätze – in vielen Fällen bislang nahezu unbekannte Partituren – stellen die faszinierende Grundlage einer Bestandsaufnahme mit Werken aus vier Jahrhunderten dar. Im Jahr 2003 wird in dieser Reihe Musik von Hasse, Vivaldi, Heinichen, Wagner, E.T.A. Hoffmann, Eckehard Mayer (die Oper "Das Treffen in Telgte" nach Günter Grass) und Herchet zu hören sein, eine Dresdner Musikgeschichte ganz eigener Art und Prägung.
Die Reihe Musik & Schwestern schließlich – ein Treffen unterschiedlicher Musen – wird das Augenmerk der Besucher verstärkt auf Verwandtschaften und Spiegelbilder zu Werken in Literatur, Architektur, Bildende und Darstellende Kunst sowie Film lenken. Damit soll dokumentiert werden, daß Musikfestspiele nie in einem Elfenbeinturm stattfinden, sondern ein außerordentliches künstlerisches und gesellschaftspolitisches Ereignis darstellen, das ohne den Bezug zu anderen Gattungen und Kunstformen undenkbar wäre.
In weiteren als Abonnement aufgelegten Reihen werden interessierten Besuchern der Musikfestspiele bestimmte Programme konzentriert und übersichtlich dargeboten: Dresden & heiter, Dresden & Moderne Musik, Jubiläen & Jubilare und Stimmen & Instrumente. Als besonderes Angebot an interessierte Besucher in und außerhalb Dresdens wird bereits im Juli 2002 das Programm für die Musikfestspiele 2003 präsentiert, um jedem Kunden eine rechtzeitige Bestellung und Buchung seines Konzerte oder seiner Konzerte zu ermöglichen.
Die von mir engagiert vertretene Vernetzung von Themen und Reihen ist Ausdruck meines festen Willens, der Gefahr entgegen zu steuern, daß im Reigen europäischer Festivals die Programme immer austauschbarer zu werden drohen. Sie richten sich heute zumeist ausschließlich nach Kriterien des Marktes und in ihrem Kern allzu oft leider nicht mehr nach inhaltlichen Perspektiven. Dabei müssen meiner Ansicht nach inhaltliche Schwerpunkte – "Themen und Reihen" – nicht im Gegensatz zum festlichen Charakter eines einzigartigen kulturellen Zusammentreffens (ich vermeide lieber das Wort "event") stehen, ganz im Gegenteil. Die eine Konstante – für mich eine Vertikale: die außergewöhnliche Idee jeder Festspiele - ist ohne die andere Konstante undenkbar, nämlich ohne eine Horizontale, ohne feste "Themen und Reihen", ohne Zyklen und wiedererkennbare Programme, die es einem Publikum erlauben, auf Jahre hinaus immer wieder Einzigartiges in Bezug zu anderen Erfahrungen zu setzen. Ich vermeide lieber große Worte und will mich auch bewußt vor dem zumeist oberflächlichen Pathos in Sachen "Festspiele, abendländische Kultur und unvergleichliche Architektur" hüten. Aber ich bin der festen Überzeugung, daß herausragende künstlerische und damit gesellschaftspolitische Ereignisse wie die Dresdner Musikfestspiele nicht nur erfolgreich, sondern auch folgenreich sein werden, wenn es mir in Zusammenarbeit mit einem engagierten Team und renommierten Künstlern gelingt, den Dresdnern und ihren Gästen zu zeigen, daß die Aufführungen und Veranstaltungen zugleich ein Spiegelbild von Lebenswirklichkeiten jener Menschen sind, die in Dresden am Brennpunkt europäischer Geschichte zusammen kommen.
DAS ZENTRALE THEMA
Das Thema eines Festspieljahres kann einem oder mehreren Komponisten, einer philosophischen Idee, einer Epoche, einem Instrument oder einer Kunstgattung gewidmet sein. Ein Vorkonzert außerhalb der Festspielzeit soll jeweils auf den kommenden Schwerpunkt hinweisen. Im Jahr 2002 wird dies die "Achte Sinfonie" von Gustav Mahler
(Aufführung am 12. September 2002) sein. Sie ist zweifellos ein Indiz, welchen Herausforderungen und gewaltigen Dimensionen sich die Institution "Dresdner Musikfestspiele" in den nächsten Jahren stellen muß, um ein Programm zu gewährleisten, das sich vom Gewohnten deutlich abhebt. Das "Faustische Thema" dieser Sinfonie Gustav Mahlers weist auf die ungewöhnliche Schaffenskraft hin, mit der einzelne Künstler das Bewußtsein ihrer Zeit und Gesellschaft drastisch verändern. Dazu zählt Richard Wagner, dessen weit reichende Reformen undenkbar wären ohne die Erfahrungen seiner frühen Dresdner Jahre im Zeichen europäischer Revolutionen. Diese Einflüsse deutlich zu machen, ist ein Leitfaden in den Veranstaltungen zum Schwerpunktthema 2002 "Wagner & Wolf". Auch im Werk Gustav Mahlers spielen Neuorientierung und Stilumbruch auf der Grundlage von Wagners Neuerungen eine zentrale Rolle. Wie Wagner im 19. Jahrhundert in seinen Werken Bezug nimmt zu Stücken von Gluck, Mozart, Beethoven oder Bruckner – diese Bezugspunkte sind entscheidende Akzente im Festspielprogramm 2003 -, so spielt im Schaffen Wolfs wie Mahlers im 20. Jahrhundert die Auseinandersetzung mit Wagner und der Bezug zu ihm eine große Rolle. Die Annäherung an Wagner erfolgt in gewisser Weise über Wolf und Mahler, über eine Brücke vom 20. ins 19. Jahrhundert. Wechselbeziehungen und Spiegelbilder wie diese sind wesentlich für die Dramaturgie und Ästhetik im Programm der Festspiele 2003. Anlaß, aber nicht Beweggrund für die Wahl dieser Komponisten sind Gedenktage: der 100. Todestag von Hugo Wolf und der 190. Geburtstag, der 120.Todestag und die 160. Wiederkehr seines Probedirigats im Webers "Euryanthe" in Dresden und seiner Anstellung als Hofkapellmeister in Dresden.
DRESDEN & EUROPA _- 2003: AMSTERDAM
Er zeigte auf Dresden, dessen Türme in der Abendsonne golden vor uns auftauchten.
"Dort liegt Europa!" sagte er leise. Erich Kästner
Jedes Jahr soll im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele eine durch ihre kulturelle Vielfalt herausragende Hauptstadt Europas vorgestellt werden. Von Dresden, von der "Stadt" der Festspiele aus, nimmt dieser zentrale Gedanke seinen Ausgang. Innenansicht und Außenansicht sollen dabei auf vielfältige Weise zusammen fließen. Zur Zeit der DDR herrschte Informationsmangel über zahlreiche europäische Nachbarn. Gegenwärtig, unter dem Blickwinkel unverzichtbarer europäischer Integration, kommt dem Wissen über die kulturelle Identität eines Nachbarn wiederum eine neue, eine besondere Bedeutung zu, um dadurch die eigene Kultur anderen Einflüssen öffnen zu können. In beiden Fällen spielt die Neugierde auf das andere, in dem man auch Gemeinsames entdeckt, die entscheidende Rolle. In jedem Festspieljahr sollen u.a. unter dem Thema Dresden & Kunst herausragende Werke im Besitz Dresdner Galerien präsentiert werden. Offenbart man sich und seine Kultur anderen Menschen, erfährt man im gleichen Atemzug auch Dinge über die eigene Identität, die einem vielleicht bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt gewesen sind.
Akustisch soll eine typische Klangerscheinung der jeweiligen Gaststadt die Dresdner durch die festspiele
CARTE BLANCHE – DRESDEN & BLICKWINKEL
Eine Sicht "aus" der & eine Sicht "auf" die Stadt
Die für die Dresdner Musikfestspiele zentrale Idee, Ansichten in Dresden mit Sichtweisen und Erfahrungen von Menschen zu verbinden, die nach Dresden kommen, findet ihren "persönlichen" Ausdruck in der Absicht, in jedem Festspieljahr zwei Künstlern freie Hand zu geben. Sie sollen mit einer Carte blanche mehrere Programme und Programmschwerpunkte nach ihrem Willen und Wollen gestalten. Es wird sich dabei um einen mit Dresden und seinen Traditionen und Institutionen eng verbundenen und um einen renommierten, nach Dresden eingeladenen Künstler handeln. Bewußt wird mit dieser Idee zum Ausdruck gebracht, daß Festspiele nicht dem Trend folgen sollten, international renommierte Künstler an allen wichtigen Orten zumeist mit ein- und demselben Konzert vorzustellen, wodurch Festspielprogramme immer austauschbarer werden. In der Konzentration auf ein unverwechselbares Profil liegt ein entscheidender Akzent für das künftige Selbstverständnis der Programm - Planer in Dresden. "Carte blanche": Es entstehen Programme und Konzerte, die "so" nur in Dresden und nirgendwo anders zu hören sind. Zwei Künstler eint ihr Blick auf Dresden – eng im einen Fall, um Vertrautes neu zu entdecken; unvoreingenommen und neugierig im anderen Fall, um sich der Stadt und ihrer Kultur wie ein Entdecker zu nähern. Erst die Summe beider Sichtweisen macht die Quintessenz und einzigartige Qualität des Programms aus.
DRESDEN SINGT & MUSIZIERT
Ouvertüre & Grün / Sing & mit / Kunst & Markt / Kinder & Tag /
M&M&M (Meißner Musik Marathon) / Stadt & Teil / Dresden singt & musiziert
Alle unter der Reihe Dresden singt & musiziert zusammengefaßten Veranstaltungen sollen in schillernder Vielfalt die Grundidee widerspiegeln, daß die Dresdner Musikfestspiele lebendig und innovativ sein werden, wenn es gelingt, die Stadt selbst in Bewegung, in Schwingungen, in musikalische und szenische Dynamik zu versetzen. Es kann nicht allein darum gehen, die Menschen während einer Festspielzeit in die Theater, Säle und Kirchen zu holen. Noch wichtiger ist, zu den Menschen zu gehen und sie - in Stadt und Land - mit den immer noch viel zu sehr verborgenen Schätzen und Kleinodien ihrer vertrauten Umgebung bekannt zu machen und dorthin jene Gäste einzuladen, die in Dresden auch abseits der großen Attraktionen Tradition, Kultur und Architektur in ungewöhnlicher Verbindung kennenlernen wollen. Orte und Plätze verwandeln sich, werden verzaubert und so in jedem Frühsommer zu neuen Festspielstätten und zu Orten ungewöhnlicher Begegnungen und Dialoge. Damit werden auch festgefahrene Traditionen des musikalischen Betriebes aufgebrochen und neues Publikum gewonnen.
Einer bestehenden Tradition zufolge beginnen die Musikfestspiele mit einer Ouvertüre im Grünen – unter dem neuen Titel Ouvertüre & Grün. An verschiedenen Orten in und um Schloß Pillnitz wird dem Publikum ein Eindruck von der besonderen Atmosphäre der bevorstehenden Festspiele geboten. Vor allem Studenten und Studentinnen der Dresdner Musikhochschule werden das Programm gestalten. Entscheidend ist, daß die Eröffnungsveranstaltung der Reihen "Dresden singt & musiziert" die enge Bindung der Stadt an die Musikfestspiele weit stärker als bislang dokumentiert.
Kultur & Markt (Arbeitstitel): (als Name des Ereignisse stehen auch noch Kunstort & Dresden und Plattform K zur Diskussion, die noch nicht abgeschlossen ist)
Der Kultur & Markt wird abwechselnd 2003 am 31.5. und 1.6 in und um den Großen Garten., 2004 am 5. und 6.6. in der inneren Neustadt, 2005 am 28. und 29.5. auf der Prager Straße und 2006 am 27. und 28.5. auf und um den Theaterplatz stattfinden. Der Markt wechselt die Orte im Zusammenhang mit dem jeweiligen Stadtteilfest (Straßenfest) um möglichst die Stadt auch in einem räumlich breit gefächerten Angebot einzubeziehen.
Die grundlegende Idee ist, daß in einem solchen Markt die unterschiedlichsten Publikumsschichten mit den verschiedensten Interessen aufeinandertreffen und ohne Schwellenangst auch in Bereichen, in denen sie sich nicht zu Hause fühlen, sich informieren können und Kunst hautnah erleben. Dieser Markt, ein solches Markttreiben soll allen Kunst- und Kulturinstitutionen, Vereinen, Verbänden, Lehreinrichtungen, Museen, Galerien, Akademien, Bibliotheken, entsprechenden Handwerksbetrieben (wie Instrumentenbau und Restauratoren auf allen Gebieten) kulturellen Privat-Initiativen Dresdens sowie der Region und bewußt auch der alternativen Szene die Möglichkeit einräumen, sich mit eigenen Marktständen vorzustellen, Material über ihre Arbeit anzubieten und die Programme und Aktivitäten der nächsten Saison anzukündigen und den direkten Kontakt zwischen Kulturinstitutionen, auf dem Markt anwesenden Künstlern und dem Publikum herzustellen. Die Möglichkeit, Sonderangebote für das Publikum vorzubereiten und Besucher und/oder Mitglieder zu werben, sollte eingeschlossen sein. Die Organisation dieses Teiles des Marktes wird mit gesondert einzustellenden Mitteln der Stadt Dresden in Verantwortung von Mitarbeitern des Kulturamtes organisiert. Dazu gehört neben der Erarbeitung eines öffentlichen Erscheinungsbildes, welches die Verbindung zu den Musikfestspielen deutlich machen muß, auch die Bereitstellung entsprechender Marktstände, die von den Benutzern für ein kleines Entgelt zu mieten sind, die aber eine einheitliche Grundgestaltung haben sollten, wobei ein Stand auch von mehreren kleinen Initiativen zu mieten ist. Alle technisch organisatorischen Arbeiten gehören zu diesem Verantwortungsbereich, wobei auch hier durch die Querverbindung zu den Musikfestspielen die gemeinsame Nutzung von Bühnen und Podien, die ohnehin erstellt werden zu Einsparungspotential führt, da es nur um anteilige Kosten geht und nicht um extra Aufwand von Bühnenbau.
Die Werbung muß vor allem in Zusammenarbeit mit den großen Tageszeitungen erfolgen, die die Pläne als Sonderbeilagen veröffentlichen. Die Zeitungen sind in diesem Sinne als Sponsor zu gewinnen. Eine zu bauende Hauptbühne sollte durch einen Hauptsponsor finanziert werden und kann dann den Namen des Sponsors tragen. Für kleinere Podien ist das gleiche Prinzip denkbar. Aufführungsorte sind die überdachten open-air-Bühnen und die jeweils um den Marktplatz liegenden geeigneten Säle, Kirche, Museen usw. die sich in einer Art "Tag der offenen Tür" für das Publikum öffnen. Alle Veranstaltungen sind grundsätzlich ohne Eintrittsgeld und auch der Markt sollte frei zugänglich sein. Überlegungen, einen pauschale Eintrittspreis zu nehmen, würden dazu führen, daß Einnahmen und extra entstehende Kosten für Personal und Absperrungen sich etwa die Waage halten würden und nur wieder Schwellenängste aufgebaut würden, die der Idee des Kulturmarktes entgegenstehen.
Zu diesem Markt wird eine Vielzahl von kleineren Veranstaltungen gehören, die über zwei Tage verteilt werden und jeweils mit einem großen Abendkonzert enden. Dieses Konzert soll vom MDR übertragen werden. Dabei sollte einer der berühmten Klangkörper Dresdens einen Teil eines Programmes aus den traditionellen Konzerten nochmals aufführen, um auch hier keine extra Arbeit zu investieren, sondern ohnehin geleistete künstlerische Arbeit einem breiten, neuen Publikum zugänglich zu machen.
Alle Veranstaltungen sind unbezahlte Auftreten, die sowohl am Stand direkt oder auf einer der Bühnen stattfinden. Künstlerische Berührungspunkte zwischen den unterschiedlichsten Genres sind hier anzustreben und in der Vorbereitung auch konkret angedacht, wie zum Beispiel ein Kompositionsauftrag an einen jungen Dresdner Komponisten für ein Werk welches gemeinsam vom Kreuzchor, der Pallucaschule und Hochschule für Musik zu diesem Markt uraufgeführt wird.
Die künstlerische Koordination der Auftreten, die nicht spontan am Marktstand geschehen, wird ohne extra Kosten von den Mitarbeitern der Dresdner Musikfestspiele übernommen.
Dabei geht es darum, auf verschiedenen Bühnen, die unweit von einander sein müssen, ein nahezu pausenloses Programm der extremen Abwechslung zu gestalten, so daß die üblichen speziellen Spezialinteressen unterschiedlicher Publikumsschichten mit unbekannten Genres konfrontiert werden.
Die Erfahrungen des Amsterdamer "Uit-Marktes", an dem ich nun seit 16 Jahren mitgearbeitet habe und der inzwischen ein Millionen-Publikum anzieht, sind die Grundlage auf denen die für Dresden zutreffenden Erfahrungen aufgebaut werden sollen.
Jeweils am 1. Juni, dem Internationalen Kinder-Tag oder dem jeweiligen Sonntag (wenn der 1.Juni nicht eingeschlossen ist) innerhalb des Kulturmarktes, wird Kinder &Tag zum festen Bestandteil des Festspielangebots gehören. Angestrebt ist dabei langfristig ein von diesem Kinderfest ausgehendes Begleitprogramm, bei dem Kinder und Jugendliche Schwerpunkte mitgestalten, etwa beim Thema "Märchen, Sagen und Mythen" zu den Musikfestspielen 2004 aber auch kindgerechte Angebote zu den anderen Themen und allgemeiner Art.
Um zu dokumentieren, daß die Dresdner Musikfestspiele nicht ein auf die Stadt begrenztes Musikfestspiel sein wollen, sondern sich als eine Institution verstehen, die eine enge und historisch fundierte kulturelle Bindung zu den umgebenden Regionen und zum Land Sachsen hat, wird die Reihe MMM - Meißner Musik Marathon ab den Dresdner Musikfestspielen 2003 zu einem festen Bestandteil des Programmes werden. Große Klangkörper und namhafte Solisten werden Meißen – die Hauptstadt Sachsens, noch bevor dies Dresden gewesen ist – ihre künstlerische Visite abstatten, ein kleines "Festspiel im Festspiel".
In jedem Jahr wird ein Teil Dresdens im Rahmen eines Stadtteilfestes (Straßenfest) der zentrale Anziehungspunkt für eine Reihe etwa 30minütiger "Haus- und Hofkonzerte" sein, die sowohl von Amateuren als auch von Kammermusikgruppen der Dresdner Klangkörper und
von hervorragenden Einzelkünstlern bestritten werden. Höhepunkt der Stadtteil - Präsentation ist ein Straßenfest mit zahlreichen Aktivitäten und Programmen, außerhalb gängiger Konzertformen und Kunstgattungen, u.a. mit Straßenmusikern, Straßentheater, Improvisationen, Lichtgestaltungen, Lesungen. In den nächsten Jahren sollen weitere Stadtteile wie die Altstadt, der Große Garten oder Blasewitz, Strehlen, Loschwitz als zentraler Ort dieser Reihe folgen.
Das Mitsingoratorium "Singt & mit", das zu einem festen Bestandteil jeder Festspieleröffnung werden soll und dessen Leitung ich in jedem Jahr selbst übernehmen will, soll dazu beitragen, Musik liebende Dresdner noch stärker mit dem Festival und ihrer Stadt zu verbinden. Dabei sollen mehrere Chöre mitwirken und Teile eines Werkes oder mehrerer Werke abwechselnd aufführen. Ein allgemeiner Aufruf über die Medien soll auch sangesfreudige Dresdner einladen, an dieser Veranstaltung mitzuwirken, auch wenn die Interessenten nicht in Chören gebunden sind und somit ein breiterer Kreis von Dresdner die Musikfestspiele zu Ihrer eigenen Sach machen. Eventueller Mangel an Männerstimmen kann durch die Zusammenlegung mit dem Treffen ehemaliger Kruzianer aufgefangen werden. Junge Solisten werden bei dieser Gelegenheit einem breiten Publikum vorgestellt. Zugleich bietet sich eine Zusammenarbeit mit dem Orchester der Hochschule für Musik an, um hervorzuheben, daß es sich bei dieser Initiative um eine "Singschul´ für Jedermann und eine ganze Stadt" handelt.
Dresden MUSIK & GESCHICHTE
Tradition und Gegenwart in Dresden / Schlösser-Reise / Orgel-Reise
In den folgenden Jahren wird diese Reihe den Dresdnern und den Festspielgästen die Möglichkeit geben, eine Entdeckungsreise durch die vielfältige Musikgeschichte der Stadt zu unternehmen: Tradition und Gegenwart in Dresden. Die über vierhundertjährige Musikgeschichte Dresdens soll Leitfaden dieser Erkundung sein, die wie eine Partitur angelegt sein wird und die sich nicht auf eine bestimmte Epoche oder einen bestimmten Stil eingrenzen läßt, etwa auf die höfische Zeit. Stattdessen bezieht sich diese Reihe auf unterschiedliche Zeiten und Räume und räumt dem Publikum die Möglichkeit von Vergleichen, Kontrasten und Spiegelbildern ein. Neben den Werken von Richard Wagner werden während der Festspiele 2003 als Schwerpunkte Stücke von Vivaldi, Gluck, Beethoven und E.T.A. Hoffmann aufgeführt. Aus den Schätzen der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek werden während der Musikfestspiele 2003 Hasses "La sorella amante" und als besondere Rarität Heinichens Kantate "Serenata fatt sull´ Elba" aufgeführt: Musikhistorie als Entdeckung in der und für die Gegenwart.
Die Schlösser – Reise ist eine alljährliche Entdeckungsfahrt zu Schlössern, Villen, Plätzen, Parks und Gärten in der Umgebung Dresdens, verbunden mit thematischen Schwerpunkten und Konzertprogrammen bzw. Mitwirkenden der Musikfestspiele. In kommenden Jahren soll eine sächsische "Wein – Reise" als Programmpunkt hinzukommen und weitere Themen-Reisen sind in der Überlegung: "Auf den Spuren George Bährs", "Auf den Spuren der Gräfin Cosel", "Auf den Spuren der Wettiner".
Ab der Festspiele 2003 wird unter dem Titel Silbermann – Reise eine regelmäßige zyklische Veranstaltungreihe mit Konzerten in jenen sächsischen Kirchen stattfinden, die eine von Gottfried Silbermann gebaute Orgel besitzen. In diesem Fall ist nicht ein Ort, sondern ein Instrument Anlaß und zentraler Gegenstand einer Reise, die sich mit jenen Wurzeln auseinandersetzt, die zur außergewöhnlichen Tradition dieser Stadt und des Landes Sachsen geführt haben. (15.6.2003: Petrikirche Freiberg, Silbermann-Museum Frauenstein, Kirche Zöblitz, George-Bähr-KircheForchheim, 6.6. 2004 Reinhardtsgrimma, Dittersbach, Crostau;
29.6.2005 Tiefenau,Großkmelen,Lebusa, 11.6.2006 (Kleinbobritzsch, Frauenstein), Nassau, Pfaffroda , Freiberg)
Dresden MUSIK & andere Künste
Literatur & Darstellende & Bildende Kunst & Film & Architektur
Übergreifend zu den einzelnen Reihen und Themen sollen alle Möglichkeiten ausgenützt werden, die Verbindungen und Verknüpfungen zwischen dem Programm der Musikfestspiele und anderen Kunstgattungen zu dokumentieren – in Ausstellungen (u.a. "Dresden & Alte Meister"), in der Schlösser - Reise und der Orgel - Reise, in den Beiprogrammen und Veranstaltungen u.a. zu "Carte Blanche", etwa mit der Idee, neben den eingeladenen aktiven Künstlern auch einem Dichter (Harry Mulisch und/oder Thomas Rosenlöcher) und einem Komponisten (Ekkehard Mayer) die Chance zu geben, das Programm begleitend zu dokumentieren. Ein Ausstellung Dresden & Kunst wird Beziehungen zwischen den Künsten deutlich machen. (2003: Bildende Künstler aus Amsterdam in der Galerie Alte Meister; 2004: Kunst, die in Paris für Dresden gesammelt wurde: in der Galerie Alte Meister und eine Ausstellung in der Rüstkammer; 2005: Bildende Künstler die fremde Einflüsse in ihrem Werk berühmt gemacht haben und die Ausstellung der Porzellan-Sammlung)
Im Rahmen der Reihe "Dresden & Europa" sollen vielfältige Aktivitäten entwickelt werden, etwa im Kontakt zwischen Menschen aus den beiden Hauptstädten: im Jahr 2003 Amsterdam und Dresden, 2004 Paris und Dresden, 2005 Lissabon und Dresden, 2006 Rom, Istanbul und Jerusalem und Dresden.
Film-Veranstaltungen im Stallhof (open air) sollen ein breites, neues Publikum an die Themen der Festspiele heranführen.